Portrait-Vase, Nikolauser Kannhäuser, Amphora-Werke Riessner Stellmacher & Kessel, Turn-Teplitz, um 1898, signiert und markiert
an der Wandung Nikolaus Kannhäuser Monogramm “NK”, unten markiert mit “AMPHORA TURN”, “1326”, RStK Firmenstempel, Modellnummer “580” und Handwerkernummer “21”;
Dekor abgebildet in Richard L. Scott (Hg.), “Ceramics from the House of Amphora 1890-1915”, Sidney/Ohio 2004, S.94
Die weibliche Figur war ein zentrales Thema des Jugendstils und wurde auch von den Künstlern der Manufaktur Amphora oft verwendet. Die Arbeit der Entwerfer war stark vom sehr floralen und stilisierten französischen Art Nouveau beeinflußt. Vor allem die Plakatkunst von Alphonse Mucha und Paul Berthon aus Paris war eine bedeutende Quelle künstlerischer Inspiration für die böhmischen Keramiker in Turn-Teplitz um 1900. Unter diesem Einfluss wurde eine große Reihe an Objekten mit weiblichen Motiven geschaffen, die von rein dekorativen Vasen bis hin zu allegorischen Kunstschätzen reichen.
Unter den Vasenmalern Amphoras war Nikolaus Kannhäuser einer der talentiertesten Handwerker der damaligen Zeit. Er schuf eine Vielzahl der Entwürfe aus dieser Periode, ebenso für diese Vase.
Unser zartes Keramikobjekt in Blütenkelchform ist eine Manifestation des Jugendstils: Ähnlich einer Tulpe ist die Vase unten breiter und verjüngt sich ständig bis zu den Lippen nach oben. Durch den Einsatz von unterschiedlichen Techniken wurde ein angenehm naturalistischer Hintergrund erschaffen. Der Wald ist von japanischen Holzschnitten aus dem 19. Jahrhundert beeinflußt, welche in Europa in der Zeit um 1900 sehr in Mode waren. Der Fokus dieses Objektes liegt aber natürlich auf dem Frauenportrait mit eingeflochtenen Chrysanthemen im Haar. Das Objekt ist meisterlich ausgeführt und die Bemalung ist außergewöhnlich fein und detailreich.
Um den eigenen Ansprüchen an die Qualität der erzeugten Keramiken gerecht zu werden, entwickelte Amphora ein patentiertes Verfahren, das sogenannte „Elfenbeinporzellan”. Die daraus entstandene besonders filigrane und dadurch sehr leichte Keramik trug maßgeblich zum grazilen Erscheinungsbild der Erzeugnisse bei. Lange Zeit am internationalen Markt eher belächelt, werden die Kunstobjekte aus der Werkstätte Amphora mittlerweile zu hohen Preisen am Kunstmarkt gehandelt und zählen zu den spannendsten europäischen Keramikerzeugnissen aus der Zeit um 1900.
Die „Amphora-Werke k.k. priv. Keramische Werke Rießner, Stellmacher & Kessel“ wurde 1892 von Hans und Carl Rießner, Eduard Stellmacher und Rudolf Kessel in Turn-Teplitz gegründet. Das Österreich-Ungarische Unternehmen stellte hochqualitatives Kunsthandwerk aus Keramik her und zählt zu den bekanntesten Manufakturen des Jugendstils. Bald nach seiner Gründung beschäftigte das Unternehmen 300 Personen und exportierte seine gefragten Erzeugnisse in die ganze Welt. Neben eher kommerziellen Produkten wurden für Weltausstellungen und andere internationale Kunstmessen aufwändigere Objekte geschaffen. Zu diesen teils monumentalen Ausstellungstücken zählen Vasen mit grotesken Tierwesen wie Drachen und Seeungeheuer, inspiriert von japanischen Holzschnitten, sowie Gefäßen mit Maiden und zarten Frauengestalten in allegorischen Ausführungen. Der hohe Qualitätsanspruch der Gründungsmitglieder brachte das sogenannte „Elfenbein-Porzellan“ hervor, eine glasierte dünnwandige Art der Keramik, welche oft mit Gold, Kaltemailmalerei und Schmucksteinen aufgewertet wurde. Schon damals gewann die Firma mit dieser Technik und der aufwändigen Oberflächengestaltung hohe Auszeichnungen, unter anderem vier „Grand Prix“ auf verschiedenen Weltausstellungen. Heute sind außergewöhnliche Exemplare in den berühmten Jugendstil Museen wie dem Badisches Landesmuseum, Karlsruhe und dem Bröhan-Museum, Berlin vertreten.
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