Vase “Germania” (Allegorie für Deutschland), Mod.Nr. 630, Nikolaus Kannhäuser, Amphora Riessner, Stellmacher & Kessel, Turn-Teplitz, um 1900
Markiert mit “AMPHORA” in der Ellipse, Stempel “Turn-Teplitz Bohemia RSTK”, Pressmarke “630” (Modellnummer) und dem Künstlermonogramm “NK” für Nikolaus Kannhäuser;
Lit.: vgl. Richard L. Scott (Hg.), “Ceramics from the House of Amphora 1890-1915”, Sidney/Ohio 2004, S. 92.
Diese von Nikolaus Kannhäuser entworfene Portraitvase mit dem Titel „Germania“ ist ein Teil der Allegorien-Serie aus dem Hause Amphora, die sich mit der Darstellung europäischer Großmächte auseinandersetzt.
Unser Objekt zeichnet sich vor allem durch seine eindrucksvolle Größe, seine elegante Form sowie die aufwändige Handbemalung mit vergoldeten Naturmotiven aus. Die aufwändige farbige Unterglasur, auf der das Portrait besonders edel zur Geltung kommt, zeigt einen herbstlichen Birkenwald.
Dargestellt ist eine Frau im Halbprofil, die in ihrer Ästhetik an Werke von Alphonse Mucha erinnert und deren Kopf von einer für den Jugendstil typischen goldenen Aura umrahmt ist. Ihren Namen „Germania“ erhält die Vase aufgrund des Adlers, der auf dem kunstvoll gearbeiteten Helm der Frau thront: der Allegorie für das Deutsche Kaiserreich.
Solche Darstellungen waren in der Zeit um 1900 sehr beliebt und stellen oft wiederkehrende Motive dar. Auch Allegorien anderer Nationen, wie Österreich, Frankreich oder Russland, waren verbreitet und können durchaus als Sinnbild des erstarkenden Chauvinismus der europäischen Großmächte dieser Zeit gesehen werden.
Die Erzeugnisse der Amphora-Werke Riessner Stellmacher & Kessel aus Turn-Teplitz zählen nach wie vor zu den qualitativ hochwertigsten und gefragtesten Objekten aus der Zeit des Jugendstils.
Die „Amphora-Werke k.k. priv. Keramische Werke Rießner, Stellmacher & Kessel“ wurde 1892 von Hans und Carl Rießner, Eduard Stellmacher und Rudolf Kessel in Turn-Teplitz gegründet. Das Österreich-Ungarische Unternehmen stellte hochqualitatives Kunsthandwerk aus Keramik her und zählt zu den bekanntesten Manufakturen des Jugendstils. Bald nach seiner Gründung beschäftigte das Unternehmen 300 Personen und exportierte seine gefragten Erzeugnisse in die ganze Welt. Neben eher kommerziellen Produkten wurden für Weltausstellungen und andere internationale Kunstmessen aufwändigere Objekte geschaffen. Zu diesen teils monumentalen Ausstellungstücken zählen Vasen mit grotesken Tierwesen wie Drachen und Seeungeheuer, inspiriert von japanischen Holzschnitten, sowie Gefäßen mit Maiden und zarten Frauengestalten in allegorischen Ausführungen. Der hohe Qualitätsanspruch der Gründungsmitglieder brachte das sogenannte „Elfenbein-Porzellan“ hervor, eine glasierte dünnwandige Art der Keramik, welche oft mit Gold, Kaltemailmalerei und Schmucksteinen aufgewertet wurde. Schon damals gewann die Firma mit dieser Technik und der aufwändigen Oberflächengestaltung hohe Auszeichnungen, unter anderem vier „Grand Prix“ auf verschiedenen Weltausstellungen. Heute sind außergewöhnliche Exemplare in den berühmten Jugendstil Museen wie dem Badisches Landesmuseum, Karlsruhe und dem Bröhan-Museum, Berlin vertreten.
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