Oswald Grill “Venus aus der Donau” um 1905

Der Wiener Maler Oswald Grill studierte an der Kunstgewerbeschule in Wien und an der Münchner Kunstakademie. Er war unter anderem als freischaffender Künstler in Dachau tätig. 1908 wurde er Mitglied des Wiener Künstlerhauses und war von 1917 bis 1938 Präsident des Zentralverbandes der bildenden Künstler Österreichs. 1929 wurde er zum Professor ernannt und erhielt noch einige weitere wichtige Auszeichnungen.
Obwohl das Œuvre des Künstlers vor allem Land-schaftsdarstellungen umfasst, sind einige Portraits ebenfalls bekannt. Der rege Austausch innerhalb der Künstlergemeinschaft in Wien sowie seine Mitgliedschaft im Wiener Künstlerhaus inspirierten Grill in der Zeit um 1908 zum Einsatz neuer Stile. Die „Venus aus der Donau“ ist ein wiederkehrendes Motiv, von dem insgesamt vier verschiedene Versionen in abgeänderter Darstellung und Größe bekannt sind.
Unsere hier gezeigte Version ist zweifellos die aufwändigste und technisch raffinierteste: Vom Sonnenuntergang am Horizont und dem spiegelnden gold-blauen Wasser über die Muschelschale in der Hand der Venus bis hin zu ihrer Positionierung vor einer einsamen Insel, weisen alle Details eine tief symbolistische Bildsprache auf. Ein klassisches Element des auslaufenden Wiener Symbolismus stellt auch die Haltung der Protagonistin samt dem sie umspiegelnden – und dadurch mystifizierenden – Licht dar. Die malerische Qualität ist außergewöhnlich gut und das Spiel des Lichts auf den Wellen zeugt von großem künstlerischen Können. Dieses Gemälde ist ein wundervolles Zeugnis der Schule der Wiener Lichtmalerei aus der Zeit um 1908.