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Stengelbecher Josef Hoffmann Wiener Werkstätte um 1922

SKU 948
  • Höhe: 13cm
  • Breite: 5.3cm
  • Datierung: 1922
    Technik: Silber, getrieben und verlötet

    markiert mit “JH”, “WIENER/WERK/STÄTTE”, Silberfeingehalt “900” und 2 mal dem Wiederhopfkopf (Stengel und Becher)

    Lit.: Archiv der Wiener Werkstätte, Museum für Angewandte Kunst, Wien,
    Entwurfszeichnung, Inventarnummer: KI 12092-8 und KI 12092-10.

    Preis auf Anfrage
    SKU 948
    Beschreibung

    Nur selten lassen sich Objekte aus dem Kunstgewerbe vom Entstehungszeitpunkt über die Jahre hinweg bis zum Wiedereintritt in den Handel nachvollziehen. Bei unseren beiden Silberbechern der Wiener Werkstätte ist dies erfreulicherweise der Fall: Sie wurden, zusammen mit diversen weiteren Gegenständen in den 1920er Jahren vom Chemnitzer Unternehmer Fritz Nischer von der Wiener Werkstätte erworben. Über eine Erbschaft gelangte das komplette Konvolut in den Besitz von einem gewissen Dr. Müller aus Westfalen. Nach dessen Tod verkauften die Erben seine Sammlung, sodass sich nun Stücke auf dem freien Markt wiederfinden. Die Qualität der Ausführung ist ausgesprochen hoch. Beide Stengelbecher wurden von Josef Hoffmann entworfen und zeigen zwei unterschiedliche Schaffensperioden. Während der am Stengel aufgedröselte Becher exemplarisch für die frühere Zeit steht, sieht man im floralen Gefäß die spätere zarte Herangehensweise Hoffmanns an das Design.

    KÜNSTLER

    Josef Hoffmann (Pirnitz 1870– 1956 Wien), Mitbegründer der Wiener Secession und der Wiener Werkstätte, war ein äußerst produktiver und vielfältiger Architekt und Entwerfer. Er hat im Laufe seiner Karriere mit diversen Formen, Techniken und Materialien experimentiert. Er erzielte in seinen Entwürfen eine starke Reduktion der Form auf das Essentielle und war Wegbereiter des geometrischen Jugendstiles. So entstand sein charakteristischer, geometrischer Stil. Der Umfang seiner Entwürfe geht von Gebäuden über gesamten Inneneinrichtungen, gemäß dem Konzept des Gesamtkunstwerks, bis hin zu kleinen Detailstücken des Alltags. Eines seiner wesentlichsten Werke ist das Palais Stoclet in Brüssel, ein Gesamtkunstwerk welches er unter anderem in Zusammenarbeit mit Gustav Klimt und Koloman Moser für einen wohlhabende Unternehmer zwischen 1905 und 1911 ausgeführte.

    AUSFÜHRUNG

    Wiener Werkstätte 1903 – 1932

    Die Wiener Werkstätte war eine nach dem Vorbild der Arts und Crafts-Bewegung gegründete Produktionsgemeinschaft, die eine Plattform für künstlerisch gestaltetes und hochwertig ausgeführtes Kunsthandwerk bieten wollte. Oder, wie es G. Fahr-Becker formuliert „…es war eine Werkstätte, die viele unter sich versammelte, ein Kunstwerk als Resultat aller Künste.“

    1903 von Josef Hoffmann, Koloman Moser und dem Industriellen Fritz Waerndorfer gegründet, produzierte und vertrieb die Wiener Werkstätte (WW) anfänglich nur Metallobjekte. Das Sortiment wurde in Folge rasch auf Möbel, Einrichtungsgegenstände, Textilien, Schmuck, Accessoires aus Keramik und Glas, Leder etc. ausgeweitet.

    Vertrieben wurde das vielfältige Angebot in den eigenen Geschäftsräumlichkeiten in Wien und zeitweise auch in internationalen Filialen wie in Zürich und New York.

    Die Gründerväter und künstlerischen Leiter J. Hoffmann und K. Moser verfolgten ursprünglich das Ideal der künstlerischen Durchdringung aller Lebensbereiche im Sinne des Gesamtkunstwerks. Dieser radikale Anspruch ließ sich nur in einigen wenigen zeitgenössischen Projekten verwirklichen, die vornehmlich von mäzenatenhaften Großbürgern in Auftrag gegeben wurden. Eindrucksvolle Beispiele dafür sind das Palais Stoclet in Brüssel oder die Villa Skywa-Primavesi in Wien.

    In den ersten Jahren noch ganz einem streng-geometrischen Stil verpflichtet, wurde dieser Funktionalismus bald auch um verspieltere Formen erweitert. Als Vertreter einer dekorativeren Linie sei hier Dagobert Peche erwähnt, der mit seiner fantasievollen Ornamentik Entwürfe für alle Sparten der WW beisteuerte.

    Einen wichtigen kreativen Beitrag, speziell in den dekorativen Sparten der WW, lieferten ab circa 1915 die weiblichen Künstlerinnen der Wiener Werkstätte. Am bekanntesten sind wohl die keramischen Künstlerinnen Vally Wieselthier oder Gudrun Baudisch. Die Bedeutung vieler dieser Designerinnen wurde erst in den letzten Jahren in gebührendem Ausmaß gewürdigt*.

    Das zunehmend schwierige ökonomische Umfeld nach dem Ersten Weltkrieg führte zur Liquidierung der WW im Jahr 1932. Gabriele Fahr-Becker schreibt dazu: „Die finanziellen Schwierigkeiten, mit denen die Wiener Werkstätte zeit ihres Bestehens zu kämpfen hatte, resultierten nicht vorrangig aus wirtschaftlicher Unkenntnis, sondern gründeten darin, dass man das breite Publikum nicht als Käufer erreichen konnte“ (G. Fahr-Becker, Wiener Werkstätte, Taschen 1994, S. 12).

    Über die relativ kurze Zeit ihres Bestehens hinaus übte die Wiener Werkstätte einen nachhaltigen Einfluss aus. Kunsthandwerk sowie Angewandte Kunst wurde entscheidend aufgewertet und eine ganze Generation von Architekten, Künstlern und Designern wurden vom Kunstwollen ihrer Gründerväter beeinflusst. Diesen Niederschlag findet man später in der „Bauhaus“ Bewegung oder im Nordic Design wieder.

    *Lit.: C. Thun-Hohenstein, A.-K. Rossberg, E. Schmuttermeier (Hg.), Die Frauen der Wiener Werkstätte, Ausstellungkatalog MAK, Wien 2020

    Stengelbecher Josef Hoffmann Wiener Werkstätte um 1922

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